Gottesdienst mit der Emmausgeschichte (Lk 24,13-36)

Vorbemerkungen: Dieser beliebte Abschnitt aus den Lukas-Evangelium wird mit vielen Bezügen in Predigten, Büchern und Bildern ausgelegt.

Doch einige Fragen scheinen mir bis heute unbeantwortet zu sein:

1. Wer hießen die beiden Jünger, die die Freunde Jesu nach Ostern verlie-ßen? Im Text wird nur ein Name genannt.

2. Warum verlassen sie die aufgewühlte verängstigte Gemeinschaft?

3. Wo liegt Emmaus? Bis heute wird nach diesem Ort gegraben.

4. Warum wollte der Fremde in Emmaus weiter gehen?

5. In Einem Namen vorgestellt: Kleopas (Lk 24,17). Die zweite Person ist wohl eine Frau gewesen, deren Name nicht so wichtig schien? Im Johan-nesevangeliummaus ist das Embryo der Neuschöpfung anwesend. Wird es schon in dem Rollenwechsel zwischen den drängenden Gastgebern und dem Gast geboren?

6. Weshalb fehlt in den liturgischen Lesungen aller christlichen Kirchen der stützende Schlussstein der Erzählung, obwohl er doch eindeutig zur Hand-lung dazu gehört – auch die meisten Bibelausgaben verschieben den Satz in den nächsten Abschnitt?

Die Antwort auf die erste Frage kann die Tür auch für die folgenden öffnen: Ein Jünger wird mit seinem Namen vorgestellt: Kleopas (Lk 24,17). Die zwei-te Person ist wohl eine Frau gewesen, deren Name nicht so wichtig erschien? Das Johannesevangelium gibt einen Hinweis: Drei Frauen stehen unter dem Kreuz Jesu (Joh 19,25). Darunter ist Maria die Frau des Klopas.

Wenn Lukas dieselbe Person meint, dann ahnen wir den Grund für den Auf-bruch: Das Paar mit so unterschiedlichen Erfahrungen – die Frau unter dem Kreuz und der Mann musste sich in Sicherheit bringen – möchten unter vier Augen über ihre Frage sprechen: Wollen wir die Botschaft der Frauen glau-ben? Dieses Gespräch verlangt Intimität, die in der großen Runde in Jerusa-lem nicht gegeben ist. So gehen sie mit ihrer Frage auf die Straße.

Ein Fremder fragt, worüber sie reden. Kleopas nimmt seine beschützende Rolle wahr. Er antwortet dem Fremden traurig brüsk (Lk 24,18). Der Fremde fragt ein zweites Mal. Jetzt antworten beiden aus dem Kreis der Jünger und Jüngerinnen Jesu und zeigen sich in ihrer Not (Lk 24,19-24). Nachdem ihre enttäuschten Hoffnungen vor dem Fremden offen liegen1, bekommen sie die Antwort von der Straße (Joh 14,9): Habt ihr die Propheten nur mit dem Verstand und nicht mit eurem Herzen gelesen? Ihr Begleiter legt ihnen die Aussagen der Propheten so aus, dass ihre Herzen jubelten, also brennen. Nach diesen Erfahrungen nötigten sie ihren Begleiter, mit in ihr gemeinsa-mes Haus einzukehren2 und zu bleiben (Lk 24,29).

Der Fremde nutzte die Bekanntschaft nicht aus sondern will diskret weiter-gehen (Lk 24,28). Doch er wandelt die Nötigung zum Geschenk und bleibt, wie schon in der Bergpredigt angesprochen (Mt 5,41). Auch beim Begleiten sollten wir das Loslassen mit einschließen.
Jetzt sehen wir in Emmaus geradezu das Embryo aller christlichen Gemein-schaften und Kirchen: Jesus, Mann und Frau. Die in der Genesis beschriebe-ne Erschaffung des Menschen als Mann und Frau wird erneuert (Gen 1,27). Das Anliegen aller religiöser Gemeinschaften ist es, menschliche Hierarchien zu überwinden. Deshalb fördern sie das Denken und Fühlen vom anderen her und laden zum Rollenwechsel ein3. Der Gast wird mit diesem Zeichen zum Gastgeber: Er nimmt das Brot und teilt es unter ihnen. Die Einladenden werden zu Gästen (Lk 24,30).
Maria und Kleopas gehen die Augen auf. Sie erkennen in diesem Moment den Auferstandenen. Nun ist an Schlaf nicht mehr zu denken, sie gehen so-fort (Lk 24,33) Jerusalem zurück – ein Weg von schätzungsweise 18 km.4

  1. Der Gottesdienstablauf

Die Auferstehungsgeschichte5 setzt den Dienst Gottes gegenwärtig.

Zur Vorbereitung eine Scheibe Brot einpacken und einen angemessenen Raum abseits geprägter Gottesdiensträumen suchen.

Beginn: Lied-Vorschlag: „Lasst uns dem Leben trauen!“

Begrüßung: Eine Person lädt zum Gottesdienst ein und spricht ein Gebet. Ohne jeden Aktivismus ein aus der Zuschauerrolle ins Mitfeiern zu kommen.

In den Respekt treten wie Mose, der vor dem brennenden doch nicht ver-brennenden Dornbusch Ex 3,5, also in der Gegenwart Gottes, die Schuhe aus zog.6 Ähnlich ziehen Muslime, Hindus, … am Gottesdienstort die Schuhe aus.7 Um die blockierende Unruhe über noch unbeantworteten Fragen, Schmer-zen, missglückte Begegnungen usw. zurückzuweisen, treten wir still einen Schritt zurück.

Persönliches Erinnern – an die jede/n begleitende Gegenwart Gottes, die sich in jedem Menschen in seiner Sehnsucht widerspiegelt.

– die Offenbarung der Ägypterin Hagar: „Gott schaut auf mich.“ (Gen 16,13).

– an die eigene Frage jedes Einzelnen hier.

Offen-werden für die Anwesenheit Gottes unter uns, je nach unseren Fähigkeiten/Gewohnheiten: Stille, Bitte um Erbarmen, Lied, Kreuz-zeichen…

Entdeckendes Lesens der bekannten Erzählung von den Jüngern, die in der aufgewühlten Situation nach der Botschaft der Frauen von der Auferste-hung Jesu aus der Gemeinschaft verschwinden (Lk 24,13). Deutungshilfe: Wenn Kleopas (Lk 24,18) und Klopas (Joh 19,25) dieselbe Person ist, dann muss das Paar nun unter vier Augen über ihre Angst sprechen.

Gebet des Aufbruchs und die Zeit unterwegs auf der Straße

1. Als ein Fremder das Paar auf der Straße nach Emmaus anspricht, weist Kleopas die Störung brüsk zurück: „Bist du so fremd in Jerusalem, dass du als Einziger nicht weißt, was in diesen Tagen dort geschehen ist?“ (Lk 24,18)

2. Der Fremde fragt nach: „Was denn?“ (Lk 24,19). Und beide erzählen nun zusammen von ihren enttäuschten Hoffnungen.

A. HÖRT MIT DEM HERZEN

3. Die beiden Pilgernden bekommen nachfragend dieAntwort der Straße (Lk 24,19-24): „Lest ihr die Propheten nur mit dem Kopf?“ (Lk 24,26)

4. Lest der prophetischen Botschaften mit dem Herzen. (Lk 24,25-27)

5. Ihre Herzen werden lebendig und beginnen zu brennen. (Lk24,32)

6. ggf: a) Lied: Lebt Jesus wieder unter uns?

b) Erinnern an die Begegnungen mit Jesus – Lesungen einfügen,

c) Austausch/Predigt /Lied

Ankommen in Emmaus
7.
Der Fremde will die Offenheit nicht missbrauchen und weitergehen.

8. Die Nötigung zu bleiben, um ihm weiter zu lauschen. (Lk 24,29)

9. Erinnern an die Bergpredigt: Der Zwang eine Meile mit zu geh

B. SEHT DAS ZEICHEN DES TEILENS

Die Geburt der Kirche im Rollentausch

10. Das Embryo der Kirche wird in Emmaus sichtbar. Der auferstandene Jesus und ein Mann, eine Frau aus dem Kreis der Jüngerinnen.

11. Die Erschaffung neuer Gott verbundener Menschen. (Gen 1,27)

12. Im Rollentausch wird die Gemeinschaft (der Kirche) sichtbar:

Die einladenden Jünger werden zu Gästen, der Gast teilt das Brot an alle.

13. Erinnerung und Halleluja-Lied

a) an den Rollenwechsel bei der Fußwaschung (Mt 5,41).

b) an das gleiche Lebensrecht aller – die Brotvermehrung (Lk 24,28).

c) an das Manna in der Wüste (Joh 13,1-20).

14. Schlichtes Wiederholen dieses Zeichens hier durch einen Fremden,

einem Kind oder einer Frau, entsprechend der Situation (Lk 24,30).

15. Persönliches Gebet in der Stille, Fürbitten


Die Ikone hängt in Jerusalem.8 Die Begegnung am dritten Ort fehlt auf dieser Ikone, in der Versammlung der Freunde und Freundinnen in Jerusalem. Dort tritt der Auferstan-dene in ihrer Mitte und zeigt sich mit der Friedensbotschaft, die alle Mauern der Angst sprengt.

16. Der Auferstandenen ist dann unsichtbar. Er ist nicht festzuhalten
Versammlung der Freunde und Freundinnen in Jerusalem. Dort tritt der Auferstandene in ihre Mitte und zeigt sich nochmals mit seiner ganzen Botschaft, indem er sie mit dm – alle Mauern der Angst sprengenden – Frieden grüßt. 9.


TEILEN UND VERVIELFÄLTIGEN DER FREUDE17. Sofort kehrten sie nach Jerusalem zurück (Lk 24,33) 18. Auf der Straße nach Jerusalem kommen Maria und Kleopas an den Orten vorbei, an denen ihre Herzen zu brennen begannen. Wir erinnern uns an das Leben mit Jesus und beten wir sein Gebet: Das Vater unser.
19. In Jerusalem sind die Elf versammelt.
20. Jesus ist auch Petrus erschienen. (Lk 24,34).
21. Bestätigend erzählen nun die Rückkehrer auch von ihren Erfahrungen.
22. „Während sie noch miteinander redeten.“ (Lk 24,36) In den Gottesdien-sten aller christlichen Kirche fehlt dieser Satz, obwohl er deutlich zur Ge-schichte dazu gehört.

a) Im Gewölbe der Erzählung ist er der sichernde Schlussstein (Lk 24,28)

b) Der absichernde Eckstein ist verworfen bei der Ermordung Jesu10.


23. Jesus wird in ihre Mitte sichtbar. Der Boden ist bereitet.


24. Jesus zeigt sich mit seiner zentralen Friedensbotschaft (Lk 24,36). 25. Die Jünger erschraken und hatten große Angst (Lk 24,37).
26. Persönliches Gebet in der Stille, Fürbitten
27. Der Auferstandenen ist dann unsichtbar. Begegnungen nicht festhalten.


Der Frieden ist unter uns.

Den Friedensgruß an alle weitergeben.
28. Im Segen spricht Gott sein ermutigendes JA zu uns aus.
(Er wird in der jüdischen Tradition auch über einem Glas Wein gesprochen.)
29. Jemanden bitten, dieses JA Gottes uns gegenüber auszusprechen.11

1Dieser Schritt ist in den Zeiten des Suchens wie in Exerzitien immer ein Geschenk.

2Von einem gleichgeschlechtlichen Paar muss nicht ausgegangen werden.

3Susanne Szemerèdy, Vom Gastgeber zur Geisel des Anderen – Religiöse Erfahrungen zur Erwachsenenbildung,

4Archäologen graben nach den Fundamenten dieser Ortschaft. Kreuzritter bauten über dem Haus eine Kathedrale.

5Joh 13,1-20 „Wenn nun ich, der Herr und Meister euch die Füße gewaschen habe, dann müsst auch ihr einander die Füße waschen.“(Vers14)

6Mt 28; Mk 16; Lk 24; Joh 20,19-29; 21,1-19 (mit Brot und Fisch); Apg 1

7Schuhregale beim Eingang der Moschee oder des Tempels

8Br. Ansgar hat sie im Kloster Nütschau bei Lübeck neu geschrieben.

9Mt 15-21; 15,32-39; Mk 6,34-44; Lk 9,12-17; Joh 6,1-15

10Ps 118,22; Jes 28,16; Jer 51,26; Mt 21,42; Mk 12,10; Lk 10,17; Lk 20,17; Apg 4,11;1 Petr 2,6f

11Der in der Menschwerdung stattfindende Rollenwechsel wird für mich in dem philosophischen Titel – Ein Zitat von Emmanuel Lévinas – angedeutet: Susanne Szemerédy, Vom Gastgeber zur Geisel des Anderen – Religiöse Erfahrung bei Exerzitien auf der Straße, Münster 2013,